Günter Kunert liest im Rahmen der 8. Jugendbuchwoche im Beckmannsaal
Von Aneka Schult
CELLE. Günter Kunert in Celle. Das ist doch mal was. Am Dienstag las der 1929 in Berlin geborene Autor im Rahmen der 8. Jugendbuchwoche im Beckmannsaal.
Elke Haas vom Arbeitskreis Celler Jugendbuchwoche kündigte das Ereignis mit den Worten an: “Da bringt man die Kinder unter und die Großeltern werden verwahrt”.
Karolina Lang, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung, die die Veranstaltung ermöglich hat, führte kurz in die Biografie des Schriftstellers ein, “der mit seinem Werk in besonderem Maße die Literatur der beiden deutschen Staaten und des wiedervereinigten Deutschlands repräsentiert”. Selbst Literaturpapst Reich-Ranicki habe Kunert gelobt: “In einer Zeit, in der man uns weismachen will, das Erzählen sei nicht mehr möglich und die Literatur eigentlich ein überflüssiges Relikt, sind diese Texte ein Ereignis”, schrieb er.
Nach dem Besuch der Volksschule hindert Kunert seine jüdische Abstammung am Besuch einer höheren Schule. Nach dem Zweiten Weltkrieg studiert er in Ost-Berlin Grafik, bricht sein Studium aber ab. 1947 erscheinen erste satirische Gedichte und Kurzgeschichten. 1948 tritt er der SED bei, lernt Bertolt Brecht und Johannes R. Becher kennen. Als zu scharfer Beobachter der realsozialistischen Missstände sowie als Mitunterzeichner der Biermann-Petition bekommt er Schwierigkeiten mit dem Regime. 1977 erfolgt sein Parteirauswurf. 1979 übersiedelt er mit Frau Marianne und sieben Katzen nach Westdeutschland. Heute lebt Kunert preisdekoriert bei Itzehoe, ist seit 2005 Vorstandspräsident des “Exil”-P.E.N.
Zum Aufwärmen gab es Gedichte aus dem Band “Ohne Botschaft”. Es folgte die Konfirmations-Jubiläumsgeschichte “Wenn die Not am größten ist” aus dem Werk “Irrtum ausgeschlossen. Geschichten zwischen gestern und morgen”. In lebendiger und zugleich nüchterner Sprache, im Kunert´schen komisch-lakonischen Erzählstil ließ der 77-Jährige seine Zuhörer teilhaben am Vexierspiel mit Identitäten, lässt sich der Erzähler auf eine vorgetäuschte Wiedersehensfeier ein. Aus dem Band “Der alte Mann spricht mit seiner Seele” sprudelten schließlich lyrische Lebensweisheiten, die Kunert als humorigen, scharfsichtigen Beobachter entlarvten.
Kunert gilt als einer der vielseitigsten und bedeutendsten Gegenwartsautoren. Kaum noch überschaubar ist sein schriftstellerisches Werk, wozu neben Lyrik, Erzählungen und Kurzgeschichten auch Essays, Romane, Märchen, Hörspiele, Reiseskizzen, Dreh- und Kinderbücher gehören.